Beim Waldspaziergang am 12.3.2022 durch den Nußlocher Gemeindewald machten wir unter anderem an einer kahlgeschlagenen Fläche am Ringweg halt.
Auf ca. 0,6 ha wurden alle Bäume entfernt und neue Douglasien angepflanzt. Bei der Diskussion vor Ort ging es unter anderem um den Effekt, den ein solcher Kahlschlag auf die Temperatur und das Waldinnenklima im Wald haben kann.
Die Vertreter des Forsts argumentierten, dass es sich bei der Fläche um einen Nordhang handele, und dass deshalb auch im Sommer keine Temperaturen über 30 °C zu erwarten seien.
Den entsprechenden Diskussionpunkt haben wir in einem kurzen Video zusammengefasst.
Rückblick auf den Waldspaziergang – Ausschnitt
Hitzewelle
Nachdem unsere Region (und ganz Deutschland) in diesem Sommer gleich von mehreren Hitzewellen getroffen wurde, wollten wir es genau wissen:
In der ersten Augustwoche 2022 haben wir über vier Tage Temperaturen gemessen. Wir wollten wissen, wie groß der Unterschied zwischen der kahlgeschlagenen und einer unmittelbar daneben liegenden Fläche mit halbwegs intaktem Kronendach ist, was die Temperaturverläufe angeht.
Vergleich der Temperaturen
Die Messung erfolgte mit zwei kalibrierten Temperaturmessern in jeweils zwei Metern Höhe. Einen der Temperaturmesser platzierten wir dafür am westlichen Rand der Kahlschlagfläche, den anderen ca. 200 m Luftlinie in östlicher Richtung entfernt im Laubwald mit halbwegs intaktem Kronendach.
Die Messung dauerte vom 2.8. (00:00 Uhr) bis zum 5.8.2022 (23:59 Uhr) und deckte somit vier volle Tage und Nächte ab. Jede Minute wurde ein Messwert erfasst.
Temperaturkurven
Die orangefarbene Kurve zeigt den Temperaturverlauf am kahlgeschlagenen Nordhang. Die blaue Kurve zeigt die Messergebnisse im nahegelegenen Vergleichsgebiet bei geschlossenem Kronendach.
Im Bereich des Kahlschlags haben wir mit dem beschriebenen Versuchsaufbau eine Spitzentemperatur von 41,1 °C gemessen.
Die maximal gemessene Temperatur in der Vergleichsfläche lag mit 33,2 °C um 7,9 °C niedriger.
Temperaturunterschiede
Spannend (und erschreckend zugleich) zu sehen sind die Temperaturunterschiede im Tagesverlauf.
Von ca. 8:00 – 18:00 Uhr steigen die Temperaturen im Bereich des Kahlschlags signifikant über die der Vergleichsfläche.
Die Temperaturunterschiede betragen in der Spitze bis zu 12,2 °C!
Temperaturkurven im 4-Tagesdurchschnitt
Für eine bessere Aussagekraft der Messergebnisse haben wir anschließend die Mittelwerte der vier Tagesverläufe gebildet, um einen durchschnittlichen Temperaturverlauf von 00:00 Uhr bis 23:59 Uhr im genannten Messzeitraum zu erhalten.
Wieder zeigt die orangefarbene Kurve den (diesmal durchschnittlichen) Temperaturverlauf am kahlgeschlagenen Nordhang. Die blaue Kurve zeigt die durchschnittlichen Messergebnisse im nahegelegenen Vergleichsgebiet bei geschlossenem Kronendach.
Die im Bereich des Kahlschlags ermittelte Spitzentemperatur betrug so nur noch 36,9 °C. Aber auch die neu ermittelte Spitzentemperatur der Vergleichsfläche lag mit 29,1 °C entsprechend niedriger, so dass sich an der Differenz der Spitzentemperaturen mit 7,8 °C nur eine geringe Veränderung ergab.
Während die durchschnittliche Temperaturkurve der Vergleichsfläche konstant unter 30 °C liegt, übersteigen die Temperaturen der Kahlschlagfläche diesen Wert über mehrere Stunden des Tages (z.B. zwischen 11:00 – 14:00 Uhr) deutlich.
Temperaturunterschiede im 4-Tagesdurchschnitt
In dieser neuen Betrachtung betragen die maximalen Temperaturunterschiede zwischen Kahlschlag und Vergleichsfläche jetzt 10,2 °C. Nach wie vor sind die Temperaturen zwischen ca. 8:00 – 18:00 Uhr im Bereich des Kahlschlags signifikant höher.
Fazit
Leider haben uns die Messergebnisse in unserer Vermutung bestärkt, dass solch eine kahlgeschlagene Fläche im Nußlocher Gemeindewald einen signifikanten Einfluss auf die dort vorherrschenden Temperaturen im Tagesverlauf hat.
Auch wenn die Fläche an einem Nordhang gelegen ist, sind die gemessenen Temperaturen vor allem um die Mittagszeit signifikant höher als in der Vergleichsfläche nebenan.
Im Durchschnitt der vier beobachteten Tage lagen die Temperaturen auf dem Nordhang in der Spitze um 10,2 °C höher als unter dem geschlossenen Kronendach.
Wer den Einfluss eines solchen Kahlschlags auf das Innenklima des Waldes einfach abtut, der macht es sich möglicherweise zu einfach.