Bei der letzten Gemeinderatssitzung vor der Sommerpause 2023 stand erneut das Thema Gemeindewald auf der Agenda.
Drei Beschlussvorlagen
Es wurden drei Beschlussvorlagen zur Abstimmung vorgelegt: Nach erfolgtem Voraudit sollte die Zertifizierung unseres Waldes nach Forest Stewardship Council (FSC) nun endgültig in die Wege geleitet werden. Des Weiteren wurde über die Freigabe der geplanten Einschläge für die bevorstehende Hiebsaison diskutiert. Schließlich wurde auch die Begrenzung der Brennholzzuteilung auf 5 Festmeter pro Haushalt in Nußloch erörtert, um unseren durch den Klimawandel geschwächten Wald weniger zu belasten.
Unterstützende Unterlagen zu den Themen können im Ratsinformationssystem unter der Vorgangnummer Vorgang GR-66/2023 eingesehen werden.
Anregungen und Fragen aus der Bürgerschaft
Im Namen der Bürgerinitiative Waldvision Nußloch haben wir uns bedankt, dass ins Gebiet aus Abteilung 9/1 (Neuer Weg), für dessen Erhalt wir uns im letzten Jahr massiv eingesetzt hatten, nicht eingeschlagen worden ist.
Die positiven Rückmeldungen von Dr. Lutz Fähser während seines Vortrags im April basierten größtenteils auf der Tatsache, dass dieses ca. 8 Hektar große, schützenswerte Waldmeister-Buchenwald-Gebiet nicht wie ursprünglich geplant eingeschlagen wurde.
Leider ist genau dieses Gebiet auch für die kommende Einschlagsperiode wieder im Lageplan der geplanten Hiebe aufgeführt, wenn auch nur optional. Das bedeutet, dass es nur dann eingeschlagen wird, falls das eingeschlagene Holz in anderen Abschnitten nicht ausreicht, um die freigegebenen 1.000 Festmeter zu erreichen.
Herzensangelegenheit
Wir haben unsere Sorge zum Ausdruck gebracht, da uns dieses Gebiet besonders am Herzen liegt. Aus diesem Grund haben wir vorgeschlagen, dass Abteilung 9/1 (Neuer Weg) als Referenzgebiet eines intakten Waldmeister-Buchenwaldes dauerhaft geschützt und von jeglicher Bewirtschaftung ausgenommen wird. Nur auf diese Weise kann unserer Meinung nach vermieden werden, dass dieser Waldabschnitt jedes Jahr erneut zur Diskussion gestellt und letztendlich doch zerstört wird.
Einschläge in der Saison 2022/2023
Wir haben kritisch angemerkt, dass im Jahr 2023 im Vergleich zu den im Leitbild festgelegten 1.200 fm ein erhöhter Einschlag von 1.450 fm (inklusive Derbholz) stattgefunden hat. Zudem haben wir darauf hingewiesen, dass die im Forsteinrichtungswerk verwendeten Zuwachsraten nicht mehr den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen.
Insbesondere während Hitze- und Trockenperioden fallen diese Raten deutlich niedriger aus als ursprünglich angenommen. Daher führt bereits die im Leitbild genannte Zahl von 1.200 fm zu einer Übernutzung des Waldes.
Begrenzung der Einschläge und Brennholzmengen
Die vom AK Forst vorgeschlagene Begrenzung der Brennholzmenge auf 5 fm pro Nußlocher Haushalt haben wir begrüßt. (Auf Nachfrage haben wir erfahren, dass im letzten Jahr durchschnittlich ca. 8,5 fm pro Haushalt vergeben worden waren.)
Vor-Audit der FSC-Zertifizierung
Im Rahmen eines Vor-Audits zur angedachten FSC-Zertifizierung wurden verschiedene Interessenvertreter um Rückmeldung zur Einhaltung der FSC-Standards im Nußlocher Gemeindewald gebeten.
Kritik kam hier von Seiten der Naturschutzverbände (BUND Heidelberg, NABU), dass die Anfragen nicht mit dem notwendigen zeitlichen Vorlauf gestellt worden waren. Die Verwaltung verwies ihrerseits auf den Zertifizierer DIN CERTCO, an den die Kritik weitergegeben werden soll.
Unter diesen Voraussetzungen war es nicht überraschend, dass von den 12 angefragten Interessenvertretern lediglich die Waldvision Nußloch eine Stellungnahme abgegeben hat.
FSC-Zertifizierung
Viel diskutiert wurde im weiteren Verlauf des Abends dann die Sinnhaftigkeit einer FSC-Zertifizierung des Nußlocher Gemeindewaldes.
FSC-Prinzipien im Überblick
Quelle: FSC Deutschland
Grundsatzdiskussion
Es wurde diskutiert, ob die Zertifizierung bereits in der Gemeinderatssitzung im Dezember 2021 beschlossen wurde und daher eine erneute Abstimmung unnötig wäre, es sei denn, es gäbe gute Gründe dafür. Der Bürgermeister widersprach dieser Auffassung, obwohl er die FSC-Zertifizierung im Namen der Verwaltung prinzipiell befürwortete.
Die Beiträge einiger Gemeinderätinnen und Gemeinderäte zeigten unserer Meinung nach, dass das Thema Wald noch immer nicht ausreichend verinnerlicht wurde.
Die einzigartige Stellung, die unser Waldgebiet für die hiesige Region aufgrund der überdurchschnittlich guten Voraussetzungen einnimmt, scheint nach wie vor nicht überall angekommen zu sein.
Es wurde deutlich, dass es Konflikte mit den Vorgaben der FSC-Zertifizierung in der aktuellen Bewirtschaftung des Nußlocher Waldes gibt, die gelöst werden müssten, um das Zertifikat zu erhalten.
Die Diskussion zum Themenkomplex „einheimische Baumarten“ zeigte erneut, dass unser Forst nach wie vor einen experimentellen, aktiven Umbau des Waldes vornehmen möchte, welcher im Widerspruch zu Naturlandprinzipien, zu unserem Leitbild und auch zu all den negativen Erfahrungen der Vergangenheit steht, bei denen solche Experimente gescheitert sind. Mehr Demut vor der Natur und dem komplexen Ökosystem Wald würden wir uns an dieser Stelle wünschen.
Am Ende wurde die Entscheidung zur FSC-Zertifizierung vertagt.
Weitere Beschlüsse
Die geplanten Hiebe, die vom AK Forst vorgeschlagen wurden, wurden gemäß der Beschlussvorlage verabschiedet. Ebenso wurde die Beschränkung auf 5 fm Brennholz pro Nußlocher Haushalt beschlossen. Sollte der Bedarf das Angebot übersteigen, wird das Holz versteigert.
Wir sind nach wie vor besorgt, ob es in der neuen Saison möglicherweise doch zu Einschlägen in Abteilung 9/1 (Neuer Weg) kommen wird. Allerdings sind wir hoffnungsvoll, dass dies nicht der Fall sein wird.
Der Haupteinschlag wird entlang des beliebten Spazierwegs vom Brunnenfeld Richtung Maisbach erfolgen, der in den letzten Jahren seinen Charakter signifikant verändert hat. Dennoch hoffen wir, dass unser Wald in diesem Bereich schonender behandelt werden wird als in den letzten Jahren.
Auch einige der hier im Bild zu sehenden intakten Buchen oberhalb des Gottesdienstplatzes sind inzwischen zur Fällung markiert…