Aktiver Waldumbau – die richtige Strategie?

Wie kann der Waldumbau in Zeiten des Klimawandels am besten gelingen? Ein Überblick aktueller Studien gibt Hinweise.

Der Klimawandel ist seit 2018 für alle sichtbar im deutschen Wald angekommen. Die Fichten, eigentlich Bewohner des kühleren Nordens und von Bergregionen, vertrocknen, werden damit anfällig für Borkenkäfer und sterben großflächig ab. Aber auch die Laubbäume leiden unter der Trockenheit.

Die Forstwirtschaft sieht ihr Heil und das unserer Wälder im Waldumbau, d.h. dem verstärkten Anbau von wärmeliebenden und trockenheitstoleranten Bäumen. Und das natürlich möglichst schnell. Baumarten aus der europäischen Mittelmeerregion bieten sich aus Sicht des Forstes an, auch wenn dieses im Widerspruch zu den Vorschriften von FSC und Naturland, und auch den FFH-Managementplänen steht.

Aus gutem Grund werden nicht-standortheimische Baumarten nur zu einem geringen Prozentsatz zugelassen. Baden-Württembergs zuständiger Minister, Peter Hauk, droht jedoch mit dem Austritt aus der FSC-Zertifizierung wenn deren Vorgaben nicht angepasst werden.

Im Folgenden einige rezente wissenschaftliche Studien, die den Schluss zulassen, dass die geplanten Maßnahmen diese Erkenntnisse außer Acht lassen und unserem Wald eher Schaden zufügen werden, als ihm zu nützen.

Aktuelle Studien

Insektenrückgang auch im Wald

Eine Studie der TU München belegt den Rückgang der Insektenzahl und der Vielfalt im deutschen Wald um 40% allein zwischen 2008 – 2017. Eine Folgestudie der TU Darmstadt hat gezeigt, dass dieses im Zusammenhang mit der Forstwirtschaft steht: je mehr nicht-standortheimische Baumarten und je größer die Baumernte, umso größer der Rückgang. Die Biodiversität ist von herausragender Bedeutung für die Mitigation der Folgen des Klimawandels. Diese aufs Spiel zu setzen ist hochgradig gefährlich, wenn nicht gar verantwortungslos. Und es sind natürlich nicht nur die Insekten, für die nicht-standortheimische Baumarten keine gute Lebensgrundlage sind. Denn gleiches gilt selbstverständlich auch für die überlebenswichtigen Bodenorganismen, ohne die es kein Leben im Wald gibt.

Das genetische Potential und die Vielfalt der Buche

Eine Studie zum genetischen Potential und zur Vielfalt der Buche vom Senckenberg Institut in Frankfurt hat natürlicherweise trockenheitstolerante und trockenheitsgeschädigte Buchen auf demselben Areal in Hessen untersucht. Es wurden genetische Merkmale identifiziert, die eindeutig diesen Eigenschaften zugeordnet werden konnten. Das bedeutet, dass Buchen mit hoher Trockenheitstoleranz spezifisch ausgewählt bzw. gezüchtet werden können. Es scheint deshalb nicht notwendig, hier gebietsfremde, trockenheitstolerante Arten anzusiedeln.

Einfluss von Trockenheit auf das Wachstum von Buche und Fichte

Eine Studie der TU München hat untersucht, wie das Wachstum von Buche und Fichte auf Trockenheit während der Vegetationsperiode reagiert. Dafür wurde ein Waldareal mithilfe einer Glaskonstruktion während der Vegetationsperioden zwischen 2014 und 2018 vom Regenfall abgeschirmt. Die Forscher haben festgestellt, dass das Wachstum der Buche um 43% und das der Fichte um 70% eingebrochen ist. Die letzten Jahre der Dürre haben dieses Experiment im großen Maßstab in ganz Deutschland nachgestellt. Wir können davon ausgehen, dass die Bäume nicht in dem Maße nachgewachsen sind, wie dieses in den 10 Jahre geltenden Forsteinrichtungswerken angenommen wurde, deren Daten noch auf Wachstumsraten vor Trockenheit beruhen. Das bedeutet, dass mit den festgesetzten Hiebraten zu viel Holz aus dem Wald entnommen wird. Generell werden 80% (teilweise auch signifikant mehr) des Zuwachses entnommen, d.h. bei Wachstumseinbruch wird damit über 100% dessen entnommen, was nachwächst.

AMOC und Golfstrom

IPCC Autor Prof. Stephan Rahmstorf (PIK Potsdam), hat verschiedene rezente Studien zur atlantischen meridionalen Umwälzzirkulation (AMOC – Atlantic Meridional Overturning Circulation), den meisten von uns sicher besser bekannt als maßgeblicher Teil des Golfstroms, in einem Artikel zusammengefasst. Er kommt zu dem Schluss, dass der Strom sich noch in diesem Jahrhundert, mit signifikanter Wahrscheinlichkeit eventuell sogar in den nächsten Jahrzehnten, abschwächt oder zusammenbricht. Hierzu auch ein Bericht aus der Tagesschau. Für das Klima hier würde das wieder eine Abkühlung bedeuten: wir wären mit den mittelmeerischen, wärmeliebenden Arten schlecht bedient.

Was tun?

Zusammengefasst gibt es sehr gute Gründe, den Wald nicht mit nicht-nativen Baumarten zu gestalten: Nicht standortheimische Baumarten gefährden die Biodiversität. Sie sind nicht notwendig, wenn das Potential unserer heimischen Bäume ausgeschöpft wird, insbesondere das der Buche. Und sie sind zu kurzfristig gedacht.

Des Weiteren muss das Ausmaß der Baumernte überdacht werden. Der Nachwuchs ist schon heute sicher geringer als angenommen, und wir müssen uns dringend Gedanken machen, wie wir mit dem Rohstoff Holz und dem Wald als einem Baustein in der Bekämpfung des Klimawandels umgehen.

Die auf sehr simplifizierenden Annahmen beruhenden Maßnahmen des Forstes können sehr viel Schaden anrichten. Es soll hier nur an die Fichten- und Kiefernplantagen erinnert werden, die auf 55% der Waldfläche Deutschlands stehen. Diese brechen jetzt zusammen, da alle die Erkenntnisse der Wissenschaft ignoriert haben – hinsichtlich des Klimawandels und seiner Folgen und auch hinsichtlich der Biodiversität, die in solchen Forsten äußerst gering ist.

Wir dürfen diese Fehler nicht wiederholen.

Kastanienpflanzung

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