Gemeinderatssitzung am 9.11.2022
Die Sorge um die Zukunft unseres wertvollen Nußlocher Gemeindewaldes treibt uns nach wie vor um, denn Naturschutz verträgt keinen Aufschub – insbesondere in Zeiten des Klimawandels.
Konstruktive Gespräche
Wir haben es sehr begrüßt, dass wir seit dem von unserer Bürgerinitiative Waldvision Nußloch im März 2022 veranstalteten Waldspaziergang mit über 100 Teilnehmern eine gemeinsame Basis gefunden haben, um in konstruktiven Gesprächen mit dem Bürgermeister, der Gemeindeverwaltung und auch dem Arbeitskreis Forst an einer neuen Version des im letzten Jahr verabschiedeten Leitbilds für unseren Wald zu arbeiten. Wir freuen uns sehr, dass diese stark verbesserte Version in der anstehenden Gemeinderatssitzung verabschiedet werden soll.
Viel wichtiger ist allerdings, wie die praktische Umsetzung der Vorgaben des Leitbilds im Nußlocher Gemeindewald passiert.
Rechtsgutachten stellt Verstöße gegen Naturschutzrecht fest
In einem von Greenpeace in Auftrag gegebenen und im Juli 2022 vorgelegten Rechtsgutachten zu forstlichen Eingriffen in unserem Gemeindewald in den letzten Jahren werden erhebliche Verstöße gegen geltendes Naturschutzrecht festgestellt, insbesondere das Fehlen von FFH-Verträglichkeitsprüfungen vor Umsetzung der forstlichen Maßnahmen wird moniert. Wir haben darüber berichtet und Bürgermeister und Verwaltung darüber in Kenntnis gesetzt. Damit verbunden war die Bitte, auch den Gemeinderat entsprechend zu informieren.
Solche Verstöße dürfen zukünftig nicht mehr passieren!
Verabschiedung des Betriebsplans für das Forstwirtschaftsjahr 2023
In der anstehenden Gemeinderatssitzung am 9.11.2022 stehen richtungsweisende Entscheidungen an. Es geht um die Frage, ob wir unseren Gemeindewald wissentlich und willentlich zerstören oder ihm Gelegenheit geben wollen, sich wieder zu erholen, so dass wir in Zeiten des Klimawandels weiterhin von seinen wertvollen Funktionen profitieren können.
Der Gemeinderat entscheidet
Wir haben deshalb die gewählten Vertreter der Nußlocher Bürgerschaft in einem Brief an ihre Pflicht erinnert, verantwortungsvoll mit unserem Naturerbe umzugehen und den Nußlocher Gemeindewald auch kommenden Generationen zu erhalten.
Haben wir den Wald erst einmal zerstört, können wir ihn nicht einfach wieder herbeizaubern.
Details der Beschlussvorlage
Die vorgelegte Beschlussvorlage (Vorgang GR-97/2022) sieht die Zustimmung zum Betriebsplan für das Forstwirtschaftsjahr 2023 vor. Unter anderem ist im Bereich „Neuer Weg“ die Ernte von ca. 400 Festmetern auf einer Fläche von nur ca. 8 ha vorgesehen, was der Entnahme von ca. 80 – 100 Bäumen entspricht. Insgesamt sollen 1.200 fm eingeschlagen werden – verteilt auf jeweils stark abgegrenzte Gebiete, z.B. Richtstattweg und Seidenweg. Außerdem soll ein noch nicht quantifizierter möglicher Ergänzungshieb beschlossen werden, um den weiteren Brennholzbedarf der Nußlocher Haushalte vollumfänglich zu bedienen.
Auch die Zukunft des für Publikumsverkehr derzeit gesperrten Waldabschnitts Wilhelmsberg wird zur Entscheidung kommen. Wird der Bereich wieder freigegeben? Sollen Bäume gefällt werden, um die Verkehrssicherheit wiederherzustellen – falls ja, wie viele?
Unsere Einschätzung
Sollte die eingegebrachte Vorlage so beschlossen werden, kommt sie einem Todesurteil für weite Abschnitte unseres Waldes gleich – zu diesem Ergebnis ist u.a. Dr. Lutz Fähser, Begründer des Lübecker Modells der naturnahen Waldbewirtschaftung, während seines Spaziergangs am 15.10.2022 vor Ort gekommen. Seine Einschätzungen und Ausführungen haben wir ausführlich auf Video dokumentiert.
Wofür wird das Holz eigentlich gebraucht?
Es gibt kein einziges haltbares Argument, das für die gemäß Beschlussvorlage vorgesehenen Eingriffe in unseren Wald spricht: Weder sind die Maßnahmen wirtschaftlich motiviert noch gibt es in Deutschland derzeit einen Mangel an Holz.
Die thermische Nutzung von Holz ist erwiesenermaßen ebenfalls unter allen denkbaren Verwertungsmöglichkeiten die schlechteste. Neben der katastrophalen CO2-Bilanz und der schlechten Effizienz kommt es außerdem zu signifikanter Belastung durch Feinstaub. Holz, das in diesem Jahr eingeschlagen wird, kann des Weiteren nicht zur Abmilderung der aktuellen Energiekrise genutzt werden, da es zunächst für mindestens zwei Jahre getrocknet werden muss, um die Nutzung als Brennholz zu ermöglichen. Dieses Feuerholz, das in zwei Jahren zur Verfügung stehen würde, kommt nur einem sehr kleinen Teil der Bürgerschaft zugute.
Die Waldspaziergänger, welche wesentlich zahlreicher sind, müssen gemeinsam mit allen anderen Bürgerinnen und Bürgern Nußlochs mit dem entstandenen Schaden leben. Die Fällungen werden ähnliche Auswirkungen haben wie die massiven Fällungen im Buchwald im Jahr 2019 oder 2020/2021 am Wieslocher Weg.
Was ist zu tun?
In der aktuellen Zeit gibt es nur eine einzige wichtige Maxime, die in Sachen Wald zu beachten ist:
Wir müssen das Kronendach unserer Wälder geschlossen halten, damit sie weiterhin ihre natürlichen Funktionen bereitstellen können und damit der Holzvorrat wieder zunimmt.
Dann werden wir mittelfristig auch wieder einen Wald zur Verfügung haben, der eine Ernte in maßvollem Umfang für die langlebige Nutzung erlaubt.
Schreiben an den Gemeinderat: Unsere Forderungen
Deshalb haben wir den Gemeinderat nach Veröffentlichung der Beschlussvorlage angeschrieben und folgende Forderungen formuliert:
- Stimmen Sie der vorliegenden Beschlussvorlage nicht zu!
- Setzen Sie sich für eine strenge Limitierung der Holzmengen für Nußlocher Haushalte in diesem Jahr ein, um unseren Wald zu erhalten!
- Verhindern Sie die konzentrierte Entnahme von 50 fm Holz pro Hektar aus dem Gebiet „Neuer Weg“mit einer Fläche von nur 8 ha! Regen Sie stattdessen eine Einzelstammentnahme verteilt über das gesamte Waldgebiet an, was für die Waldgesellschaft besser verkraftbar wäre!
- Überdenken Sie, aus welchen Gründen die vorgeschlagenen Hiebsmaßnahmen durchgeführt werden sollen –die thermische Nutzung von Holz ist kein guter Grund!
- Folgen Sie den gesetzlichen Vorgaben und lassen Sie keine weiteren forstlichen Maßnahmen im Gemeindewald Nußloch zu, ohne dass vorab eine FFH-Verträglichkeitsprüfung von neutralen Ökologen durchgeführt wurde!
Unsere Hoffnung, unser Appell
In diesem Jahr gab es ausreichend Gelegenheit, sich ausgewogen über den Zustand und die weitere Behandlung unseres Waldes zu informieren.
Wir hoffen deshalb, dass sich der Gemeinderart der Konsequenzen seiner Entscheidungen bewusst ist und Verantwortung übernimmt für den Wald, die Bürgerschaft und für kommende Generationen.
Wir können es uns nicht erlauben, unseren Wald mutwillig und dauerhaft zu zerstören.
Und es gibt auch keinen einzigen guten Grund, warum wir es trotzdem tun sollten.
Die nachhaltige Zerstörung der Buchenwälder geht auf Kosten der Steuerzahler weiter. Fremdfirmen mit brutalen Harvester-Methoden schädigen den Waldboden und erzeugen eine großflächige Verdichtung der sensiblen Böden. Es besteht in der Gemeindeverwaltung in Nussloch in allen Fraktionen, jetzt dokumentiert, keinerlei Selbsterkenntnis oder Bewusstsein für die fatalen Fehlleistungen der jüngeren Vergangenheit.
Bäume haben keinen Anwalt und keine Lobby, wir hoffen aber, dass die Zahl der Naturfreunde und Waldhirten weiter deutlich ansteigen wird.
Ja, die gestrige Gemeinderatssitzung war in der Tat denkwürdig. Wir werden unsere Eindrücke noch ein paar Tage sacken lassen, bevor wir die Sitzung aus unserer Sicht kommentieren werden…
So viel aber vorab an alle Interessierten: Alle Beschlussvorlagen zum Thema Wald wurden vom Gemeinderat ohne Änderungen verabschiedet.