Hitze und Haltung

Äußere Zeichen der Klimakrise: Temperaturentwicklung weltweit, steigende Wassertemperaturen, Hitze: Immer stärkere Abweichungen vom langjährigen Mittel als äußere Anzeichen des fortschreitenden Klimawandels. Der Meteorologe Sven Plöger äußert sich bei Maischberger zur Thematik. Welche Rolle kommt dem Nußlocher Gemeindewald zu?

In den letzten zwei Wochen hat es in Nußloch überdurchschnittlich viel geregnet. Auch die lokalen Temperaturen waren weniger hoch, als es noch Anfang Juli zu befürchten war.

In den sozialen Medien wurden direkt Rufe laut wie “Von wegen Klimawandel…” oder auch “Wann kommt endlich der Sommer wieder zurück?”.

Gleichzeitig erreichten uns in den letzten Tagen weitere Katastrophenmeldungen aus dem europäischen Ausland. In Slowenien, Schweden, Norwegen und Dänemark haben Starkregenereignisse zu Überflutungen geführt.

Aber wie ist die globale Situation?

Extreme Hitze als Folge des Klimawandels

Der Klimawandel ist eine der drängendsten Herausforderungen, denen die Menschheit gegenübersteht. Eine seiner besorgniserregendsten Auswirkungen ist die globale Temperaturerhöhung, die auch zu steigenden Temperaturen in den Ozeanen führt.

Der Klimawandel wird durch die Freisetzung von Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre verursacht, hauptsächlich durch menschliche Aktivitäten wie die Verbrennung fossiler Brennstoffe und Abholzung. Diese Treibhausgase führen dazu, dass mehr Wärme in der Atmosphäre zurückgehalten wird, was zu einem Anstieg der globalen Durchschnittstemperaturen führt.

Die Entwicklung der globalen Durchschnittstemperaturen untersucht beispielsweise das “Climate Change Institute” der University of Maine in den USA.

Über die Webseite Climate Reanalyzer lassen sich vielfältige Informationen und historische Daten abrufen und visualisieren.

Im nachfolgenden Diagramm ist die Entwicklung der globalen Durchschnittstemperatur dargestellt.

Globale Durchschnittstemperaturen gemessen in 2 m Höhe. Quelle: climatereanalyzer.org

Entwicklung der globalen Durchschnittstemperaturen (gemessen in 2 Meter Höhe) seit 1979.
(Quelle: climatereanalyzer.org)

Die mittlere gestrichelte Linie stellt die Durchschnittstemperaturen von 1979 bis zum Jahr 2000 dar. Die dicke schwarze Linie, welche in vielen Bereichen oberhalb aller Vergleichskurven verläuft, zeigt die globalen Durchschnittstemperaturen im Jahr 2023.

Steigende Ozeantemperaturen: Eine alarmierende Entwicklung

Die Ozeane spielen eine entscheidende Rolle bei der Regulierung des Klimas, da sie als riesige Wärmespeicher dienen. Die steigenden Temperaturen in der Atmosphäre führen auch zu einer Erwärmung der Ozeane. Dies hat weitreichende Folgen für die marine Ökosysteme und die darin lebenden Arten.

Durchschnittstemperaturen im Nordatlantik gemessen an der Meeresoberfläche. Quelle: climatereanalyzer.org

Entwicklung der durchschnittlichen Oberflächentemperatur des Nordatlantiks seit 1981.
(Quelle: climatereanalyzer.org)

Bei der Entwicklung der Oberflächentemperatur im atlantischen Ozean ist der Verlauf der Kurve noch extremer. Seit März liegt sie durchgängig oberhalb aller Vergleichswerte der vergangenen Jahre.

Sven Plöger und Peter Wohlleben bei Maischberger

Der aus dem Fernsehen bekannte Meteorologe Sven Plöger war gemeinsam mit Peter Wohlleben zu Gast in der Sendung Maischberger. Der 21 Minuten lange Beitrag ist aus unserer Sicht unbedingt sehenswert.

Eindrücklich und eingängig stellen die beiden Gäste wissenschaftliche Zusammenhänge im Kontext Klimawandel dar.

Ausreißer in der Wirklichkeit

Sven Plöger hebt unter anderem auf die oben dargestellten Temperaturentwicklungen (sowohl in der Luft als auch in den Ozeanen) ab.

Unter anderem mahnt der Wissenschaftler an, dass Wunsch und Wirklichkeit in Bezug auf die Folgen der Klimarkrise immer weiter auseinander divergieren:

Wir sehen in der Wirklichkeit drastische Veränderungen. Ich wundere mich manchmal ganz massiv darüber, mit welchem erstaunlichen Abstand von dieser sichtbaren Wirklichkeit wir in unserer Alltagsdiskussion landen. Wunschwelt und Wirklichkeit zusammen zu bringen: Das wäre mein Wunsch!

Sven Plöger bei Maischberger, 11.7.2023

Im weiteren Verlauf der Sendung schlägt Sven Plöger die Brücke von der Evolution zum Klimawandel.

Irgendwann passiert irgendjemandem irgendwo irgendwas. Die Bedrohung des Klimawandels ist nicht so konkret. […] Wir brauchen Haltung für dieses Thema. Wenn wir es nicht schaffen, mit Haltung an dieses Thema zu gehen, um eine grundsätzliche solche einzunehmen, dann werden wir uns im Klein-Klein, in unserer Wunschwelt soweit verabschiedet haben von der Realität, dass das Runterfallen von der Leiterstufe, auf der wir stehen, zum riesigen Problem werden wird.

Sven Plöger bei Maischberger, 11.7.2023

Diese fehlende Haltung unserer Gesprächspartner ist es auch, welche uns in unseren Bemühungen um den besseren Schutz des Nußlocher Gemeindewaldes häufig zurück wirft und verzweifeln lässt.

Risiken extremer Hitze

Welche Risiken ergeben sich aus den steigenden Temperaturen? Einige Folgen wollen wir hier nochmal exemplarisch nennen:

  1. Versauerung der Ozeane: Die steigenden Temperaturen führen zu einer Versauerung der Ozeane, da sie mehr CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen. Dies gefährdet Korallenriffe, Muscheln und andere marine Organismen, die Kalziumkarbonat für ihre Schalen und Skelette benötigen.
  2. Häufigere und intensivere Hitzewellen: Extreme Hitzeereignisse nehmen zu, was zu Hitzewellen führt. Diese Hitzewellen können verheerende Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben, von Hitzschlägen bis hin zu gesundheitlichen Problemen bei gefährdeten Bevölkerungsgruppen.
  3. Eisrückgang und steigender Meeresspiegel: Die Erwärmung der Ozeane trägt zur Schmelze von Gletschern und Polareis bei, was wiederum zu einem Anstieg des Meeresspiegels führt. Dies kann Küstengebiete überfluten und ganze Inseln bedrohen.
  4. Veränderung der Meeresströmungen: Steigende Ozeantemperaturen können die globalen Meeresströmungen beeinflussen, was das Wetter und das Klima in verschiedenen Regionen der Welt verändert und möglicherweise zu extremen Wetterereignissen führt.
  5. Bedrohung der Artenvielfalt: Der Anstieg der Ozeantemperaturen kann auch das Überleben und die Fortpflanzung von Meereslebewesen beeinträchtigen, was langfristig die Artenvielfalt gefährdet.

Und welche Rolle kann unser Nußlocher Gemeindewald in diesem Kontext spielen, wenn er nicht abgeholzt, verfeuert und umgebaut wird?

Die Rolle von Laubmischwäldern in Zeiten der Klimakrise

Laubmischwälder mit geschlossenem Kronendach können eine wichtige Rolle in Zeiten des Klimawandels spielen, da sie verschiedene positive Auswirkungen auf die Umwelt und das Klima haben. Hier sind einige Möglichkeiten, wie diese Wälder – auch unser heimischer Wald in Nußloch – eine Rolle bei der Bewältigung des Klimawandels spielen können:

  1. Kohlendioxidspeicherung: Laubmischwälder sind hervorragende Kohlendioxidspeicher. Die Bäume absorbieren CO2 aus der Atmosphäre während der Photosynthese und speichern es in ihren Biomassen und im Boden. Dadurch helfen sie, den Anstieg der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre zu reduzieren und den Treibhauseffekt zu mindern.
  2. Bodenschutz und Erosionsverminderung: Das dichte Kronendach und die gut entwickelte Bodenbedeckung in Laubmischwäldern bieten einen wirksamen Schutz vor Bodenerosion. Dies ist besonders wichtig in Zeiten zunehmender Extremwetterereignisse, die durch den Klimawandel verursacht werden.
  3. Regulierung des Wasserkreislaufs: Laubmischwälder spielen eine entscheidende Rolle bei der Regulierung des Wasserkreislaufs. Sie helfen, Hochwasser zu reduzieren, indem sie Regenwasser zurückhalten und allmählich abgeben. Gleichzeitig tragen sie dazu bei, in Trockenperioden Wasser für die umliegenden Ökosysteme bereitzustellen.
  4. Biodiversitätserhaltung: Laubmischwälder beherbergen eine Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten und tragen somit zur Erhaltung der Biodiversität bei. Eine reiche Artenvielfalt bietet mehr Widerstandsfähigkeit gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels.
  5. Klimaresilienz: Laubmischwälder sind aufgrund ihrer Struktur und Diversität oft widerstandsfähiger gegenüber klimatischen Veränderungen als Monokulturen oder Wälder mit weniger Artenvielfalt. Dies ermöglicht es ihnen, sich besser an veränderte Umweltbedingungen anzupassen.
  6. Habitat für wandernde Arten: In Zeiten des Klimawandels müssen viele Tier- und Pflanzenarten möglicherweise neue Lebensräume suchen, um sich den veränderten Klimabedingungen anzupassen. Laubmischwälder können als wichtige Durchzugsgebiete oder neue Lebensräume für wandernde Arten dienen.

Insgesamt spielen Laubmischwälder eine entscheidende Rolle bei der Minderung der Auswirkungen des Klimawandels und der Förderung von ökologischer Resilienz.

Ihr Schutz und ihre nachhaltige Bewirtschaftung sind wichtige Maßnahmen, um den Herausforderungen des Klimawandels wirksam zu begegnen und eine nachhaltige Zukunft für unseren Planeten zu gewährleisten.

Aus diesem Grund wünschen wir uns eine achtsamere Behandlung des Nußlocher Gemeindewaldes und hoffen darauf, dass die politischen Vertreter der Gemeinde Nußloch ihre Entscheidungen künftig so treffen, dass sie auf der Realität und nicht auf einer fiktiven Wunschvorstellung basieren, in welcher der Klimawandel mit seinen Folgen vielleicht gar nicht so schlimm ist.

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