Mit waldtypischen Gefahren muss gerechnet werden…

Das Urteil ist rechtskräftig: "Mit waldtypischen Gefahren muss der Waldbesucher auch auf Wegen rechnen. Er ist primär selbst für seine Sicherheit verantwortlich." Dies gilt auch für touristisch beworbene Wanderwege.

Die Entscheidung ist rechtskräftig: “Mit waldtypischen Gefahren muss der Waldbesucher auch auf Wegen rechnen. Er ist primär selbst für seine Sicherheit verantwortlich.”

Aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) geht hervor, dass Waldbesucher den Wald auf eigene Gefahr betreten. Sie dürfen nicht erwarten, dass der Waldbesitzer für ihre Sicherheit sorgt. Das gilt auch für touristische Wanderwege. Der BGH hat eine Nichtzulassungsbeschwerde in einem Fall aus Magdeburg zurückgewiesen. (Az.: VI ZR 357/21), womit das Urteil rechtskräftig ist.

Wanderweg im Nußlocher Gemeindewald

Unfall auf dem Harzer-Hexen-Stieg

Der deutsche Wanderverband hat zum Vorgang weitere Hintergrundinformationen veröffentlicht. Demnach hatte ein Wanderer, welcher während einer Wanderung auf dem Harzer-Hexen-Stieg im Jahr 2018 von einem umstürzenden Baum erfasst und dabei schwer verletzt wurde, auf Schadensersatz geklagt.

Das Landgericht Magdeburg hatte die Klage zurückgewiesen und dabei wie folgt argumentiert:

Mit waldtypischen Gefahren muss der Waldbesucher auch auf Wegen rechnen. Er ist primär selbst für seine Sicherheit verantwortlich.

Aus der Klageabweisung des Landgerichts Magdeburg

 Weiter heißt es in der Begründung:

Der Waldbesucher, der auf eigene Gefahr Waldwege betritt, kann grundsätzlich nicht erwarten, dass der Waldbesitzer Sicherungsmaßnahmen gegen waldtypische Gefahren ergreift. Mit waldtypischen Gefahren muss der Waldbesucher auch auf Wegen rechnen. Er ist primär selbst für seine Sicherheit verantwortlich. Risiken, die ein freies Bewegen in der Natur mit sich bringt, gehören grundsätzlich zum entschädigungslos hinzunehmenden allgemeinen Lebensrisiko. Dementsprechend können und müssen auf Wanderwegen nicht sämtliche Gefahren ausgeschlossen werden. Würde man eine völlige Gefahrlosigkeit der Wanderwege fordern, müsste man auf reizvolle Routen im Bergland ebenso wie auf einsame Waldpfade im Flachland aus Haftungsgründen verzichten. Auch nach der gesetzlichen Risikoverteilung aus § 22 LWaldG LSA haftet selbst auf stark frequentierten und touristisch beworbenen Waldwegen der Waldbesitzer nicht für waldtypische Gefahren.

Auszug 4.3.20, Az.: 10 O 701/19 – Landgericht Magdeburg

Rechtskräftiges Urteil

Das Oberlandesgericht Naumburg hatte diese Auffassung im Dezember 2020 bestätigt. Hinsichtlich der daraufhin beim Bundesgerichtshof eingereichten Nichtzulassungsbeschwerde hat das Bundesgericht am 21. September 2023 entschieden, eine Revision nicht zuzulassen (V1 ZR357 / 21). Damit ist das Urteil rechtskräftig.

Viele Tageszeitungen, z.B. die Süddeutsche Zeitung oder auch die Rhein-Neckar-Zeitung, haben die Meldung aufgegriffen, nachdem diese über den Infokanal der Deutschen Presseagentur (dpa) verteilt worden war.

Im Grundsatz bekannt

Bereits 2012 hatte der BGH ähnlich geurteilt:

Eine Haftung des Waldbesitzers wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht besteht grundsätzlich nicht für waldtypische Gefahren.

BHG, Urteil vom 02. Oktober 2012 VI ZR 311-11

Seinerzeit urteilten die Karlsruher Richter in der Frage der Haftung des Waldbesitzers für die Verletzung eines Spaziergängers durch einen herabstürzenden Ast. Neu ist, dass das Urteil von damals sogar auf touristisch beworbene Wanderwege übertragbar ist.

Verkehrssicherungspflicht? Nicht im Wald.

Die Entnahme von Bäumen entlang von Wanderwegen wird häufig mit dem Argument der Verkehrssicherungspflicht begründet – auch bei uns in Nußloch.

Das neue, rechtskräftige Urteil lässt erkennen, dass hier durchaus eine differenziertere Betrachtungsweise Sinn macht, auch wenn solche Unfälle, wie sie hier im Artikel beschrieben werden, natürlich äußerst bedauerlich sind.

Im Kern weist das bekräftigte Urteil auf die Bedeutung eigenverantwortlichen Handelns hin und gibt Waldbesitzenden und auch dem Forst die notwendige Rechtssicherheit.

Entsprechende Hinweisschilder (“Mit waldtypischen Gefahren muss gerechnet werden”, “Betreten auf eigene Gefahr”) an den Waldzugängen könnten Waldbesucher zusätzlich sensibilisieren.

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