Nichtstun lohnt sich: Warum unberührte Wälder weniger Schaden nehmen

Eine neue Studie zeigt: Wälder sich selbst zu überlassen, schützt sie besser vor Sturmschäden und Borkenkäferbefall – besonders in extremen Jahren.

Was passiert, wenn wir im Wald einfach mal nichts tun?

Diese Frage haben sich Forschende der TU München und weiterer Institutionen gestellt und dafür Wälder in ganz Deutschland untersucht. Ihr Ziel: herausfinden, ob Wälder, die seit Jahrzehnten aus der Nutzung genommen wurden, stärker unter natürlichen Störungen wie Stürmen oder Borkenkäfern leiden als aktiv bewirtschaftete Wälder – oder vielleicht sogar weniger?

Das Ergebnis überrascht viele Forstpraktiker

In streng geschützten Waldgebieten, in denen seit mindestens 35 Jahren keine forstliche Nutzung mehr stattfindet, ist das durchschnittliche Störungsniveau um 22 % geringer, die Schwere der Störungen sogar um 32 %. Besonders deutlich wird dieser Unterschied in sogenannten “Störungsjahren” – also Jahren mit besonders vielen Extremereignissen wie Sturm oder Dürre: Hier ist die Störungsrate in den ungenutzten Wäldern 40 % niedriger als in bewirtschafteten Vergleichsflächen.

Warum ist das so?

  • Natürliche Wälder haben oft eine höhere strukturelle Vielfalt – sie sind mehrschichtig, artenreicher und dadurch widerstandsfähiger.
  • In bewirtschafteten Wäldern entstehen durch Ernteeingriffe viele Waldränder – die besonders anfällig für Windwurf und Käferbefall sind.
  • Auch Maßnahmen nach einer Störung, wie das sogenannte Kalamitätsholz-Management, können die Schwere von Störungen sogar erhöhen.

Ein Plädoyer für mehr Wildnis?

Diese Studie liefert starke Argumente dafür, mehr Wälder sich selbst zu überlassen – nicht nur zum Schutz der Biodiversität, sondern auch zur Stärkung der natürlichen Resilienz. Das bedeutet nicht, dass alle Wälder ungenutzt bleiben müssen. Aber: Wildnisgebiete sind kein Risiko, sondern ein Gewinn – auch in Zeiten des Klimawandels.

In Deutschland ist der Anteil solcher Schutzwälder noch gering. Die Studie zeigt jedoch, dass selbst kleine Gebiete als natürliche Entwicklungsräume dienen und großflächige Schutzgebiete sinnvoll ergänzen können.

Fazit für unsere Region

Auch bei uns rund um Nußloch kann der gezielte Verzicht auf Eingriffe – zum Beispiel in Randbereichen oder alten Waldstücken – einen wertvollen Beitrag leisten. Die bei uns gelebte Praxis, Schadholzflächen wie z.B. die Fichtenschonung am Blockhüttenweg oder oberhalb Maisbachs nach Borkenkäferbefall komplett abzuräumen, sollte kritisch hinterfragt werden. Die Auswirkungen solcher Kahlflächen auf das Waldinnenklima hatten wir seinerzeit in unserem Artikel Nachgemessen dargestellt.

Unabhängig von dieser Studie hatte Dr. Lutz Fähser schon bei seinem vielbeachteten Vortrag im April 2023 in Nußloch eindrücklich dargestellt, dass ein solcher Ansatz nicht nur ökologischer, sondern auch ökonomischer sein kann.

Vielleicht lohnt es sich, an manchen Stellen einfach mal nichts zu tun.


Literaturhinweise

Wissenschaftliche Quelle

Krüger, K., Senf, C., Hagge, J., Seidl, R. (2025): Setting aside areas for conservation does not increase disturbances in temperate forests. Journal of Applied Ecology. DOI: 10.1111/1365-2664.70036

Populärwissenschaftliche Zusammenfassung

Nationale Naturlandschaften e. V. (2025): Nichtstun als Strategie – Wie Schutzgebiete Störungen dämpfen können.

Zum Artikel

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