Deutschland ist eigentlich das Land der Buche. Wenn man den Wald lassen würde, würden auf 85% der Fläche Buchen stehen.
Da der Wald bei uns jedoch für sein Überleben arbeiten muss (wie alle von uns), sind heutzutage über 50% der Fläche mit Fichte und Kiefer in Monokultur bepflanzt, und die Buche hat ähnlich wie die Eiche nur einen Anteil von 16% am deutschen Wald.
Bei uns in Nußloch ist das anders: große Teile, nämlich ungefähr 56% unseres Waldes bestehen aus der Buche. Der fruchtbare Lößboden auf der Anhöhe über Nußloch ist ein Buchenparadies, welches von der EU zum Fauna-Flora-Habitat in der Natura 2000-Initiative ernannt wurde.
Aber was wird der Klimawandel mit unserem Wald machen? Die Förster schlagen vermehrt Schadholz ein und sprechen von Waldumbau und dass die Buche hier in der Zukunft keine Chance haben wird.
Die wissenschaftlichen Einschätzungen sehen jedoch anders aus.
Trockenheitsresistenz und genetische Vielfalt
Die Buche ist nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa weit verbreitet. Sie kommt auch in Gebieten vor, die wesentlich trockener und wärmer sind als es hier während der letzten Dürresommer war. Ein extremes Beispiel dafür ist der Buchenurwald Gargano in Süditalien.
Die große Varianz der Vorkommensgebiete zeigt, dass die Buche genetisch sehr anpassungsfähig ist.
In einer wissenschaftlichen Veröffentlichung des Senckenberg Instituts wird dargestellt, dass Wissenschaftler trockenheitsgeschädigte und trockenheitstolerante Buchen in hessischen Wäldern genetisch untersucht und diejenigen Gene identifiziert haben, die für die Toleranz verantwortlich sind.
Auch bei uns stehen also viele Buchen, die trockenheitsresistent sind. Leider sorgen die Durchforstungsmaßnahmen bei uns im Wald, wobei regelmäßig die Jungbestände ausgelichtet werden (Läuterung) dafür, dass ein Teil des genetischen Potentials vernichtet wird.
Der Förster sucht die Bäume nach Schönheit und Potential aus, Trockenheitstoleranz kann er/sie nicht erkennen.
Die richtige Auswahl von angepassten Individuen kann nur durch die Natur selbst getroffen werden – oder eben eventuell durch eine genetische Analyse, wie die angesprochene Veröffentlichung zeigt.
Die einfachste Lösung wäre, die Jungbäume stehen zu lassen und die Auswahl der Natur zu überlassen.
Die Läuterung kann u.a. am Wieslocher Weg beobachtet werden.
Absterberaten im Vergleich
Die Buche ist zum Baum des Jahres 2022 gekürt worden, eben weil sie sich aufgrund ihres genetischen Potentials als relativ resilient erwiesen hat und nach wie vor als Hoffnungsträger gilt.
In der dazugehörigen Veröffentlichung kann man folgendes nachlesen:
Über vier Prozent aller Fichten sind allein im Jahr 2020 abgestorben. Die geringste Absterberate wies mit etwa 0,3 Prozent die Buche auf. Die allermeisten dieser abgestorbenen Buchen standen an sonnenexponierten Süd- und Südwesthängen auf Böden, die wenig Wasser speichern können.
Basierend auf Daten des Thünen-Institut für Waldökologie (BMEL)
Das Thünen-Institut für Waldökologie (BMEL) hat die jährlichen Waldzustandsberichte der letzten Jahrzehnte ausgewertet hat.
Die interaktive Grafik illustriert, dass die Lage der Buche also in keiner Weise mit der der Fichte oder anderer Nadelbäume zu vergleichen ist, sie schneidet nach dem Kriterium der Absterberate sogar besser ab als die Eiche.
Klimaprognose und Baumarteneignungskarten für Nußloch
Die Landesversuchsanstalt Baden Württemberg (LVA BW) hat Klimakarten veröffentlicht, auf denen die Baumarteneignung für verschiedene Klimaszenarien dargestellt werden.
Interaktive Karten für unser Gebiet stehen ebenfalls zur Verfügung.
Die LVA hat für die Baumarten Buche, Eiche, Tanne und Fichte berechnet, ob diese Arten auch in Zukunft noch für bestimmte Standorte geeignet sind, abhängig von der Entwicklung des Klimawandels.
Es wurden zwei mögliche Szenarien berechnet, das sogenannte Szenario RCP4.5, welches von 2.6°C über dem vorindustriellem Zustand ausgeht, und das Szenario RCP8.5 wobei 4.8°C über vorindustriellem Zustand angenommen werden. Beide Szenarien wurden für die Zeiträume 2021 – 2050 und 2071 – 2100 modelliert.
In allen Szenarien, auch dem schlimmsten Fall, RCP8.5 in den Jahren 2071 – 2100, ist die Buche in Nußloch und Leimen (mit Ausnahme des Westhangs) noch möglich.
Man kann auch feststellen, dass die Buche im extremen Fall und auf lange Sicht nach heutiger Erkenntnis besser geeignet ist als die Eiche.
Demut statt Aktionismus
Anhand all dieser Daten und Erkenntnisse ist es nicht nachvollziehbar, wieso die Buche ausgerechnet bei uns, einem idealen Buchengebiet, das außerdem noch unter besonderem Schutz steht, vorsorglich verschwinden soll.
Vor allen Dingen weiß ja auch niemand, womit sie ersetzt werden sollte.
Ein bisschen Demut wäre vielleicht angemessener als zu sagen: „Wir bauen den Wald um!“ …denn aufgrund welcher Erkenntnisse? Und wie?